Mittwoch Nachmittag nach Ostern. Düsseldorf Flughafen: sitze im Flugzeug. Warte gemeinsam mit dem Piloten, der Crew und den restlichen 149 Passagieren auf Starterlaubnis und bin traurig. Nach einer Woche Hotel Mama geht’s wieder heim nach Wien. Nun sitze ich hier und bin traurig.
Denn ich sitze auf der verdammten falschen Seite des Flugzeugs!
Mittwoch Nachmittag vor Ostern, Flug von Wien nach Düsseldorf. Sitze in Reihe 10 auf Sitz F, also auf der rechten Seite des Flugzeugs am Fenster. Noch nie in Düsseldorf gewesen (bisher immer Köln/Bonn angesteuert) war ich schon ganz gespannt die Stadt von oben zu bewundern. „Die schönste Rheinufer-Promenade Deutschlands“ soll es dort geben, in Düsseldorf, so zumindest teilte es mir das Internet mit. Ich erwartet mir auch den Fernsehturm zu sehen. Wie die Uferpromenade befindet sich nämlich auch der direkt am Rhein. Der zehnthöchste Deutschlands, der sollte doch nicht zu übersehen sein?!
Gebannt und gespannt sitze ich nun auf 10F und starre durch die kleine Fensterluke hinaus.
Hmmm. Außer Wolken nix zu sehen. Hoch Konzentriert starre ich weiter. Und finally, traraaaaa: unser Airbus A 319 quetscht sich durch die Wolken und schenkt mir somit freien Blick – allerdings nicht auf die schönste Rheinufer-Promenade sondern auf den traurigsten Wald Deutschlands… Kunstvoll, offensichtlich von Hand gepflanzte, noch immer blätterlose Bäume (is ja März) ranken sich makellos und kerzengerade im Rautenmuster in Reih und Glied. Wären sie beleuchtet gewesen hätten sie den Eindruck erweckt wir befänden uns im Landeanflug auf eine auf dem Reißbrett geplante amerikanische Großstadt…
Und dann? Ja dann landen wir! Enttäuscht knalle ich die Flugzeugfensterblende nach unten. Versteh sowieso nicht wieso die immer offen sein muss bei Start und Landung?!?
Hab ’ne Idee: die könnten ja im Flugzeug mal so ’ne Durchsage machen wie:
„Wir befinden uns im Landeanflug nach Düsseldorf. Wir bitten Sie daher die Tischchen vor Ihnen hochzuklappen und die Rückenlehne senkrecht zu stellen. Weiters bitten wir unsere Passagiere auf den Sitzplätzen A die Blende geöffnet zu halten und den Ausblick auf die schönste Rheinuferpromenade Deutschlands zu genießen während wir unseren Passagieren auf den Sitzplätzen F raten diese besser zu schließen, da Sie sie nach Sicht des traurigen Waldes sowieso enttäuscht zuknallen würden.“
Das wär ja mal was.
So, und nun, heute, Mittwoch Nachmittag nach Ostern, zurück im Flugzeug, erhoffe ich diesmal die Stadt anstelle des Reißbrett-Waldes von oben zu sehen und damit auf die, laut Internet, schönste Rheinuferpromenade Deutschlands zu blicken.
Hab übrigens anderen Geschmack als Internet. War nach Ankunft in Düsseldorf spazieren und habe sie gesehen, die Promenade. Der Rhein fließt 865 Kilometer durch Deutschland! Und echt jetzt? Diese Promenade soll die schönste sein??? Ne, ne, Internet. Das glaub ich dir nicht.
Bisher wenig über Ostern geschrieben.
Bemerke gerade Titel dieser Geschichte: Eine Ostergeschichte. Hab bisher wenig österliches geschrieben. Mag vielleicht daran liegen Ostern nicht wirklich gefeiert zu haben.
Aber der Kreuzigung Jesu, derer haben wir gedacht! So sitzen wir, Mami, Papi und ich, am Karfreitag beim Mittagessen als es aus Papi ertönte: „Jetzt gerade wird der Jesus gekreuzigt.“
„Wie, der wird gerade gekreuzigt“ frage ich und schiebe mir noch ein Stück Kartoffel in den Mund.
„Na heute. Karfreitag. Da wurde er ans Kreuz genagelt“
Da schießen mir Erinnerungen durch den Kopf und Tränen in die Augen.
Ich habe einen großen Hang zu Ironie und schwarzem Humor. Aber was mich weiters auszeichnet ist meine starke Empathie. Ich bin nicht getauft, habe keine religiöse Erziehung genossen und ob es Jesus nun gab oder nicht ist eine Frage, die für mich nicht essentiell ist.
ABER: es gibt genügend Mütter (und Väter), die ihre Söhne (und Töchter) aufgrund von Gewalt verloren. Und an alle, die nicht an die Existenz Jesu glauben: betrachtet ihn als Sinnbild für all diejenigen, welchen (unschuldig) das Leben genommen wurde!
Könnt Ihr die Traurigkeit einer Mutter (Maria) spüren wenn sie am Grabe ihres Sohnes sitzt und weint?
Bereits mit sechs Jahren konnte ich die Traurigkeit der Mutter Maria spüren, wie sie sich fühlen musste, dass ihr Sohn nun tot war. Und malte mir diese Traurigkeit von der Seele.
Maria weint um ihren gekreuzigten Sohn und errinnert sich wie schön es damals war, als er als Baby, gesund und sicher, in ihren Armen lag.
So sitzen wir also am Karfreitag beim Mittagessen und gedenken Jesus und allen anderen. Passenderweise gibt es auch ein richtiges Karfreitagsessen: Kartoffeln und Gemüse.
Aber nur, damit wir uns im Anschluss die Schachtel Pralinen reinpfeiffen können, die mein geschultes Süßigkeiten-Auge gleich nach Ankunft entdeckt hatte. Außerdem sind wir dann auch recht froh, dass ja bald Ostersonntag ist und Jesus somit schon bald wieder auferstehen darf!
Apropos Ostersonntag: Da wir ja nicht wirklich Ostern feierten gab es natürlich auch keine richtige Osterdeko. Aber ein riesiger Osterhase aus purem Gold ziert unseren Frühstückstisch. Der war ja vielleicht schön. Und so groß! Bestimmt 30 cm hoch!
Ja, OK, viiiielleicht war es nicht wirklich ein Osterhase aus purem Gold.
Die Ohren waren ja viel zu kurz!
Kennt Ihr den Unterschied zwischen Hasen und Kaninchen?
Kaninchen haben viel kürzere Ohren und Hinterläufe als ein Hase! Und wenn man sich diesen Hasen anguckt: Haaaallo! Das ist doch ein Kaninchen! Dafür hat er aber nur 4,90 Euro gekostet. Da verzeiht man dem Hersteller schon mal kleine Fehler… Apropos Fehler: einen Osterhasen, pardon, ein Osterkaninchen aus purem Gold für 4,90 Euro zu verkaufen war bestimmt auch ein Fehler…
Ja und Goldosterkaninchen hatte Gesellschaft: Papi fand im Jänner mitten auf der Straße einen kleinen Osterhasen dem ein Ohr abgebrochen war. „Armer Kerl“ dachte er sich und so wurde ihm liebevoll der Dreck vom Gärtneroutfit gewaschen. Und heute darf er, gemeinsam mit seinem großen Bruder, dem Goldosterkaninchen auf unserem Frühstückstisch thronen. Bitte schaut ihn euch an wie stolz er da steht, mit seinem einen Ohr.
„Höööö, da stehen ja auch Schafe und Eier und so“, wird der aufmerksame Leser aufschnauben. Jajaaaaa, bei unseren Streifzügen durchs Städtchen die lezten Tage wurde uns mal hier und mal da was zugesteckt. Zum gekauften Feldsalat am Markt ein Osterei und zum Eisbecher in der Eisdiele ein Schokoschaf. Hmmm, blöd. Schafe in Einzelhaltung sind arm und verboten. Isn Herdentier! Zumindest vier bis fünf Schafe sollten es schon sein! So opferten wir uns und bestellten noch mehr Eisbecher. Fünfzehn Kugeln Eis später betrachteten wir mit glückseligem Bauchweh unsere Herde und hofften, dass unser Trupp von 3 (Schoko)Schafen und 1 (Schoko)Hasen hoffentlich schon glücklich genug war…
Schwupp di wupp und die Woche war um…
Oder wie Papi zu sagen pflegt: „Rup-Rup-Rup und das Jahr is schon wieder rum“. Und das sagt er nicht etwa im Dezember, neeeeein, bereits am 1.1. des neuen Jahres flötet er diesen Satz. Denn da sitzt Papi mit seinem neuen Handkalender und (über)trägt alle Daten ein wie Geburtstage, Urlaube, Seminare, Besuche….und spätestens im Oktober, wenn bereits jede Woche ein bis mehrere Termine feststehen und Mami darob aufschreit meint Papi gelassen:“Ja ich sachs ja, da machste einmal Rup-Rup-Rup und das Jahr is schon wieder rum…“
Und genauso Rup-Rup-Rup war die Woche rum und ich sitze nun heute, Mittwoch Nachmittag nach Ostern, im Flugzeug in Reihe 10.
10 A! A!!! Verdammt, dann sehe ich ja jetzt wieder den traurigen Wald!
Die ganz schlauen unter Euch werden jetzt sagen: „Ja warum hatse denn nich einfach beim Web-Check-In Sitzplatz F gewählt?!“ Kann ich Euch sagen: bei ’ner Billigmaschine kostet das extra! Und da guck ich mir lieber kostenlos nochmal den traurigen Wald an.
Bin übrigens nicht nur traurig wegen der falschen Flugzeugseite. Bin auch traurig, dass die schöne Woche bei Mami und Papi Rupp-Rupp-Rupp und so…
Dann bekommen wir, also Pilot, Crew und die 149 anderen Passagiere Starterlaubnis und heben ab in den Himmel. Und unter mir zu sehen…?
Deutschlands schönste Rheinuferpromenade, laut Internet, sowie der Fernsehturm und die restliche Stadt…
Glückseelig beiße ich meinem Schokoschaf den Kopf ab…