Es ist das Ende sagt die Raupe. Es ist der Anfang sagt der Schmetterling. Good bye California – Bienvenida a México.

Tropf, tropf, tropf, tropfen die Tränen während ich all mein Hab und Gut in verschiedene Stapel teile:
1. muss mit,
2. soll mit,
3. hätte ich auch noch gerne dabei,
4. wenn noch Platz ist dann wäre es fein wenn das auch noch mit kann,
5. verkaufen,
6. verschenken,
7. wegwerfen…


Tropf, tropf, tropf, tropfen die Tränen als ich Stapel Nummer 1 in den Koffer packe und feststellen muss, dass alle anderen Stapel auf 5., 6. und 7. aufgeteilt werden müssen.


Tropf, tropf, tropf, tropfen die Tränen als ich zum letzten Mal „mein“ San Francisco besuche…

…zum letzten Mal ans Meer fahre…

…zum letzten Mal wandern gehe.


Tropf, tropf, tropf, tropfen die Tränen als es Zeit ist sich von all den lieb gewonnenen Menschen zu verabschieden. Danke für die vielen schönen Stunden!


Tropf, tropf, tropf, tropfen die Tränen als es Zeit ist auch Matthias Leb Wohl zu wünschen. Es waren neun wundervolle Jahre mit dir und ich möchte keinen Tag missen!


Tropf, tropf, tropf, tropfen die Tränen auf die Tastatur. Ich sitze am Flughafen in San Francisco. Mehr oder weniger bereit für das was jetzt kommt: Ein Neuanfang. In Mexiko. Allein.


Wie bitte?, fragen sich bestimmt einige von euch. Tja, im letzten Jahr ist viel passiert. Zu persönlich, zu intensiv um hier davon zu berichten. Ich habe zwar auch sehr viel Schönes erlebt von dem ich hätte schreiben können (inklusiver toller Beweisfotos!), aber es erschien mir nicht ehrlich nur über die Genialitäten in meinem Leben anzugeben. So habe ich mich in Schweigen gehüllt und die schönen, so wie die schwierigen Momente, alleine durchlebt

Und die schwersten Stunden sind sowieso einfach unbeschreiblich.


Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird.
Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll.
(Georg Christoph Lichtenberg)

Jedenfalls wurde der Wunsch nach Veränderung meiner Lebenssituation immer größer, meine innere Stimme immer dringlicher. Und so habe ich den Mut gefasst nicht mehr nur zu wünschen, sondern tatsächlich zu verändern. Eine Entscheidung, die mit großen Schmerzen verbunden ist, denn von Altem los zu lassen, selbst wenn es einem nicht mehr gut tut, ist so schwer, tut so weh. Aber um diejenige sein zu können die ich bin, muss ich weiterziehen, muss meinen Pfad beschreiten – erforderlichenfalls auch alleine.

So bewerbe ich mich bei einer NGO in Oaxaca, Mexiko – und bekomme die Stelle. Daher zögere ich nicht mehr lange sondern wage den Schritt, buche ein Ticket, packe meinen Koffer, verabschiede mich von drei so wunderbaren Jahren in California. Es bricht mir das Herz zu gehen. Ich muss mich von meinem Hab und Gut, meiner neuen Heimat, von meinen neuen Freunden und von meiner Beziehung verabschieden. Das ist ganz schön viel Abschied auf einmal und ich habe in manchen Stunden das Gefühl vor Schmerzen zu zerbrechen. Aber tief in mir spüre ich die richtige Entscheidung getroffen zu haben!

Es ist das Ende sagte die Raupe. Es ist der Anfang sagte der Schmetterling.

Aber meine Tränen sind auch Tränen der Dankbarkeit und Freude über das Erlebte. Ich wurde vor viele Herausforderungen gestellt und habe so viel gelernt – am meisten den Weg zu finden, der zu mir selbst führt, und aufzuhören zu versuchen so zu sein wie ich denke sein zu müssen, um Erfolg in dieser Welt haben zu können – und letztendlich geliebt zu werden.

Und so lasse ich die Raupe hinter mir und fliege nach und in México.


Und ganz neu ist Oaxaca nicht für mich – ich war im Rahmen einer meiner Visum-Erneuerungen für die USA bereits hier gewesen und hatte ebenfalls für die selbe NGO namens En Vía gearbeitet:

Fundación En Vía is a non-profit organization that works to empower women to better support themselves and their families.  We use funds generated through responsible tourism to provide interest-free loans and educational programs to entrepreneurial women in 6 communities in the Tlacolula Valley of Oaxaca, Mexico.

Damals war ich als Tour Guide tätig, besser gesagt: Translator Guide. Die Touren, die man mit En Vía buchen kann sind nämlich keine „Verkaufstouren“ sondern sollen einen Einblick in das Leben in Oaxaca aus Sicht der individuellen Geschäftsfrauen schaffen. Diese Frauen berichten über ihr Geschäft (Kunst, wie Weben, Sticken; Kulinarik; Käseproduktion; Biologischer Gemüseanbau etc), ihre Kultur und ihr persönlich Erlebtes.

Um eine Interaktion mit den Tourteilnehmern zu gewährleisten ist ein Übersetzer nötig. Ich. Und so habe ich fleißig von Spanisch nach Englisch und von Englisch nach Spanisch übersetzt. Nach ein paar Stunden raucht einem dann schon mal der Kopf!

Anfangs war ich mir ziemlich sicher an dieser Herausforderung zu scheitern. Nach der ersten Tour, in der ich meiner Meinung nach ganz fürchterlich gescheitert war, dachte ich nicht den Mut aufbringen zu können mich dieser Situation noch einmal auszusetzen. Zu groß die Angst mich (wieder) zu blamieren – schließlich ist mein Spanisch (noch) nicht fließend und manchmal habe ich einfach nicht verstanden was gerade gesprochen wurde.

Aber ich dachte mir, dass es nun endlich an der Zeit wäre meinen überdrüber Perfektionismus ein wenig zu dämpfen. Für mich gab es bisher nur: ich bin perfekt. Bin ich nicht perfekt, dann bedeutet das versagt zu haben. Aber vielleicht existiert auch ein Leben zwischen Scheitern und Perfektionismus?

Wenn ich 80% übersetzen kann, dann bedeutet das doch nicht versagt zu haben? Vor allem da ja mehr dazu gehört, als einfach nur stupide zu übersetzen – manche der Frauen sind schüchtern, manche Tourteilnehmer biegen an der Kreuzung einfach in die andere Richtung ab, weil sie da nur mal ganz kurz gucken wollen… Um allen Beteiligten einen unvergesslichen Tag zu gestalten gehört benötigt es ein sensibles aber durchsetzungsfreudiges Auftreten – und nicht nur die Kenntnis zweier Fremdsprachen. Und eigentlich ist mir das im großen und ganzen gelungen!Und so gebe ich mich endlich meiner Unvollkommenheit hin, mache in Freude weiter – und bekomme so tolles Feedback!


Und nun kehre ich zurück. Diesmal als English Program Coordinator. Auf Wunsch der Dorfbewohner Englisch zu lernen wurde dieses Programm 2010 entwickelt. Volunteer Teacher aus aller Welt helfen nun dieses Projekt am Leben zu erhalten. Also, wenn jemand von euch diesen wundervollen Ort, Oaxaca, kennen lernen möchte und dabei auch noch Gutes tun: ich bin auf der Suche nach English Teacher Volunteers – keine Vorkenntnisse nötig!

Und wer mich einfach nur mal gerne besuchen möchte: da freue ich mich natürlich auch 🙂

Und nun geht’s los. Good bye California. Bienvenida a México.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*